offener Brief der Kinderbereichs-AG

Wir fordern die bedarfsgerechte Finanzierung der Kinderbereiche der Berliner Anti-Gewalt-Projekte

(2023/10) In einem gemeinsamen Brief richtet sich die Kinderbereichs-AG der Anti-Gewalt-Projekte an Berliner Politiker*innen, um die Bedürfnisse von Kindern als Mitbetroffene von Häuslicher Gewalt zu verdeutlichen und sicherzustellen, dass ihre spezifischen Bedarfe erfüllt werden. Bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention müssen auch sie in den Blick genommen werden.

In Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen leben mehr Kinder als Frauen. Im Jahr 2022 berichtet die Frauenhauskoordinierung, dass deutschlandweit auf eine Frau im Frauenhaus durchschnittlich 1,2 Kinder kommen. Sowohl innerhalb als auch außerhalb von Schutzeinrichtungen besteht ein dringender Bedarf an Unterstützung für diese Kinder. Eine Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass 64 % der von Häuslicher Gewalt mitbetroffenen Kinder behandlungsbedürftige Verhaltensauffälligkeiten aufwiesen, darunter Traumafolgestörungen. Zusätzlich zeigten 23 % der Kinder auffälliges Verhalten im Grenzbereich, wie emotionale Probleme.

In einer Befragung Mitte September wurden beispielhaft 3 Frauenhäuser, 3 Zufluchtswohnungen, 2 Beratungsstellen mit Kinderbereichen sowie die Clearingstelle in Berlin kontaktiert, um die dringende Situation für Kinder in solchen Einrichtungen zu beleuchten.

  • Unzureichender Personalschlüssel: Alle Projekte berichteten über zu wenig Stellen für den Kinderbereich, um die zahlreichen Kinder angemessen zu versorgen. Die Zentrale Informationsstelle autonomer Frauenhäuser (ZiF) empfiehlt einen Personalschlüssel von mindestens 1:5 (1 Fachkraft in Vollzeit auf 5 Plätze), unsere Erhebung ergab, dass keines der befragten Projekte diesen Schlüssel vorweisen kann.

  • Kein Raum für Kinder: Die Hälfte der Projekte verfügt über keinerlei separaten Raum für die Beratung und Betreuung von Kindern.

  • Ungeeignete Räume: Etwas mehr als die Hälfte der Projekte fehlt es an geeigneten Räumlichkeiten für die Kinder. Häufig entsprechen die Räume nicht den speziellen Bedürfnissen der Kinder, dazu zählen barrierefreie Zugänge für Rollstühle bzw. Kinderwägen oder auch angemessene Räumlichkeiten für traumatisierte oder psychisch kranke Kinder.

  • Fehlende Räume für Jugendliche: Sämtliche befragten Schutzeinrichtungen berichten, dass sie keine geeigneten (Rückzugs-)Räume für die Jugendlichen haben.

Angesichts dieser bereits langandauernden und besorgniserregenden Situationen erheben wir folgende Forderungen für den Haushalt 2024/2025:

  • Erhöhung des Personals und der Arbeitsstunden: Die Einrichtungen benötigen dringend zusätzliches Personal und eine Aufstockung der Arbeitsstunden, um eine angemessene Unterstützung der Kinder sicherzustellen.

  • Anpassung der Räumlichkeiten an die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen: Die Einrichtungen müssen dabei unterstützt werden, ihre Räumlichkeiten an die Bedürfnisse und das Alter der Kinder und Jugendlichen anpassen zu können. Dies schließt kindgerechte Ausstattungen und barrierefreie Zugänge für Kinder mit besonderen Bedürfnissen ein.

  • Rechtzeitige Finanzierungszusagen: Die Einrichtungen benötigen frühzeitige und gesicherte schriftliche Zusagen über die Finanzierung. Dies mindestens drei Monate vor Auslaufen der laufenden Förderperiode.

  • Regelmäßige und gesicherte Fortbildungsmöglichkeiten: Das Fachpersonal muss finanzielle Mittel und zeitliche Ressourcen für regelmäßige und gesicherte Fortbildungen erhalten, um effektiv auf die komplexen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen eingehen zu können.

Den vollständigen Brief finden Sie angehängt zum Nachlesen. Er ist unterzeichnet von:

Die Kinderbereichs-AG der Anti-Gewalt-Projekte
2. Autonomes Frauenhaus
BIG e.V. – Mobile Begleitung Kinder
Frauenhaus Cocon
Frauenzimmer e.V.
Hestia e.V.
Interkulturelle Initiative e.V.
Offensiv 91 e.V.
SkF e.V. – Frauentreffpunkt
Zuff e.V.
Heidemarie-Fischer-Haus

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