Offener Brief des bfn gegen drohende Kürzungen bei den Berliner Frauen*projekten 2026 Frauen*infrastruktur in Berlin sichern – Kürzungen jetzt stoppen!
Für das Jahr 2026 sind im Gleichstellungsbereich durch den Senat Kürzungen in Höhe von 2,574 Mio. Euro geplant. Diese sollen unter anderem durch pauschale Kürzungen bei allen Frauen*projekten von durchschnittlich 2% gegenüber der Förderung 2025 umgesetzt werden. Das bedeutet, dass frauen*spezifische Angebote in Berlin wegfallen bzw. reduziert werden müssen.
Sehr geehrter Herr Senator Evers,
sehr geehrte Frau Senatorin Kiziltepe,
sehr geehrte Frau Staatssekretärin Klapp,
sehr geehrte Sprecher*innen für Frauenpolitik und Gleichstellung,
sehr geehrte Sprecher*innen für Haushalt und Finanzen,
sehr geehrte Sprecher*innen für Queer-Politik,
am 23. Juli 2025 hat die Senatsverwaltung für Gleichstellung die Berliner Frauen*projekte darüber informiert, dass im Haushaltsjahr 2026/27 Kürzungen in Höhe von 2,574 Mio. Euro für das Jahr 2026 geplant sind. Diese sollen u.a. durch pauschale Kürzungen bei allen Frauen*projekten von durchschnittlich 2% gegenüber der Förderung 2025 umgesetzt werden – mit der Ankündigung, dass einzelne Projekte sogar überproportional betroffen sein werden.
Schon eine pauschale Kürzung von 2% bedeutet bei fast allen Projekten, dass Personalstellen gekürzt und Honorarmittel gestrichen werden müssen. Über Sachmittel können die Kürzungen nicht umgesetzt werden, da die Sachmittel bereits jetzt die Kosten kaum abdecken. Noch nicht absehbare Kostensteigerungen führen in der Konsequenz zu zusätzlichen Kürzungen. Ebenfalls wird die tarifgerechte Bezahlung der Mitarbeiter*innen in den Frauen*projekten damit infrage gestellt. Und bei dem Etat für die Frauenzentren betragen die geplanten Kürzungen laut aktuellem Haushaltsentwurf 2026/2027 schon jetzt nicht 2%, sondern über 3%.
Konkret heißt das, dass frauen*spezifische Angebote in Berlin wegfallen bzw. reduziert werden, wie z.B. Beratung in Gewaltsituationen, psychosoziale Beratung in Krisensituationen, Beratung und Begleitung für Migrant*innen und geflüchtete Frauen*, Rechtsberatungen, Gruppenangebote für Betroffene von sexualisierter Gewalt, arbeitsmarktpolitische Angebote sowie Kinderbetreuung. Die Folge sind Versorgungslücken und längere Wartezeiten auf Termine, die besonders Frauen* in Not treffen.
Frauen*projekte gehören zur Grundversorgung, unterstützen die Integration und verhindern soziale Isolation, insbesondere bei Migrant*innen, Alleinerziehenden und Frauen* in prekären Lebenslagen. Kürzungen beschädigen dauerhaft die soziale Infrastruktur der Stadt und verschlechtern die Chancengleichheit.
Ohne verlässliche Finanzierung drohen Projektauflösungen, Personalmangel und ständige Unsicherheit, was auch die Arbeitsfähigkeit und Motivation der Mitarbeiter*innen untergräbt. Langfristige Planung und nachhaltige Entwicklung sind nicht möglich, wenn Fördermittel gekürzt werden. Der Abbau von gewachsenen Strukturen und Fachpersonal durch Projektauflösungen bzw. Angebotseinschränkungen schwächt die Qualität und Reichweite der Präventions- und Hilfsangebote.
Die Kürzungen treffen einen Bereich, der ohnehin strukturell unterfinanziert ist – und das in einer Zeit, in der Gewalt gegen Frauen* und queere Menschen zunimmt, Unterstützungs- und Beratungsanfragen steigen, Schutzräume überfüllt sind und gleichstellungspolitische Fortschritte unter Druck stehen.
Die Senatsverwaltung für Gleichstellung hat immer wieder betont, dass das Hilfe- und Unterstützungs-system für Frauen* erhalten bleiben soll. Das Gegenteil ist nun der Fall.
Der Berliner Senat rühmt sich öffentlich damit, den Haushalt aufgestockt zu haben, um in die Infrastruktur zu investieren. Doch dies bezieht sich nur auf technische Infrastruktur – Schutzräume und Beratung werden dagegen reduziert, wodurch die Sicherheit und Lebensqualität von Frauen*, Mädchen* und queeren Menschen sinkt.
Notwendige Investitionen in die städtische Infrastruktur dürfen nicht auf Kosten der sozialen Infrastruktur zur Beseitigung von Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen*, der Gewaltprävention und Gleichstellung gehen.
Besonders alarmierend ist, dass auch Maßnahmen des Landesaktionsplans zur Umsetzung der Istanbul-Konvention nicht umgesetzt werden – ein klarer Wortbruch gegenüber internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen und Versprechen des Berliner Senats.
Wir fordern den Berliner Senat auf:
- die geplanten Kürzungen im Bereich Gleichstellung und Gewaltschutz vollständig zurückzunehmen,
- die zugesagten Mittel für die Umsetzung der Istanbul-Konvention verbindlich bereitzustellen,
- Frauen*- und Gleichstellungsarbeit nicht als freiwillige Leistung zu behandeln, sondern als unverzichtbare Grundlage einer demokratischen, sozialen Stadt.
Frauen*rechte, Schutz vor Gewalt und Gleichstellung dürfen nicht zur Verhandlungsmasse im Haushalt gemacht werden. Wir lassen die angedrohten Kürzungen nicht unwidersprochen und stellen uns solidarisch an die Seite aller betroffenen Projekte und Initiativen.
Wir bitten Sie eindringlich, unsere Forderungen umzusetzen und die Frauen*infrastruktur zu sichern.
Mit freundlichen Grüßen
berliner frauen netzwerk (bfn)
Das bfn ist ein politischer Zusammenschluss Berliner Frauenprojekte zur Interessenvertretung, Zusammenarbeit und Bündelung ihrer Kräfte.
Als basisdemokratisches, feministisches und solidarisches Netzwerk von Antigewalt- und soziokulturellen Frauenprojekten ist das bfn Initiatorin und Organisatorin gemeinsamer politischer Aktivitäten zur Durchsetzung von frauenpolitischen Zielen in Berlin.
Das bfn versteht sich als Lobbyistin der Frauenprojekte und ihrer Nutzerinnen gegenüber der Öffentlichkeit, den politischen Entscheidungsträgerinnen und der Verwaltung in Berlin.
