Bildungsbericht Berlin-Brandenburg

Bildungsrisiko Gewalt – Berliner Präventionsangebote in Gefahr?

(2014/03) Kinder aus sogenannten Risikofamilien sollen künftig besser unterstützt werden. Nachweislich beeinflusst häusliche Gewalt in der Herkunftsfamilie die Bildungslaufbahnen und Lebensläufe von Kindern massiv und langfristig. Gewaltpräventive Angebote für Schulen wie BIG Prävention sehen dennoch gravierenden Mittelkürzungen entgegen. BIG e.V. betrachtet die angekündigten finanziellen Einschnitte deshalb mit großer Sorge.

Berlin. Bildungsstaatssekretär Mark Rackles hat angekündigt, dass Kinder aus sogenannten Risikofamilien künftig besser unterstützt werden sollen. Auch Kinder, die in ihren Herkunftsfamilien Gewalt erleben, haben ein deutlich höheres Risiko für einen schlechten Bildungsverlauf und damit langfristige negative Folgen für das gesamte Leben: häufig leiden sie unter psychosomatischen Erkrankungen, werden sozial auffällig und sacken in den schulischen Leistungen ab. Gewalt zwischen den Eltern ist immer ein starker Indikator für eine Kindeswohlgefährdung.

BIG Prävention in Trägerschaft der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen, BIG e.V., hat daher von Berlin den Auftrag erhalten, Mitarbeiter/-innen an Schulen zum verpflichtenden Handlungsleitfaden „Zusammenarbeit zwischen Schulen und bezirklichem Jugendamt “ fortzubilden und mit Eltern und Schülern zum Thema häusliche Gewalt zu arbeiten.

Berlinweit ist es das einzige Projekt, das an Grundschulen präventiv zum Thema häusliche Gewalt arbeitet. Es ist wissenschaftlich mit sehr positiven Ergebnissen evaluiert und wird von Schulen stark nachgefragt. Die Workshops, Elternabende und Fortbildungen sind Monate im Voraus ausgebucht.

Dennoch hat die Bildungsverwaltung angekündigt, BIG Prävention 20% der Mittel zu kürzen. Sollten die angekündigten Kürzungen vorgenommen werden, wird ein massiver Personalabbau nötig sein. Damit ist die Arbeit der BIG Prävention zukünftig kaum noch durchzuführen. BIG e.V. appelliert deshalb dringend an die Bildungsverwaltung, die geplanten Einschnitte nicht umzusetzen.

„Gewalt zwischen den Eltern ist für Kinder eine massive Belastung“, so Patricia Schneider, Geschäftsführerin von BIG e.V., „Sie haben Angst um sich und ihre Mutter, fühlen sich schuldig oder versuchen, selbst helfend einzugreifen. Die Folgen können Schlaf- und Angststörungen oder Konzentrationsschwierigkeiten sein. Manche Kinder trauen sich nicht mehr in die Schule, weil sie Angst haben, was der Mutter in ihrer Abwesenheit passieren könnte“.

Jedes fünfte Kind in Deutschland ist Opfer oder Zeuge von Gewalt im sozialen Nahraum. Jede vierte Frau ist von häuslicher Gewalt betroffen, gegen 2/3 von ihnen wird über einen längeren Zeitraum schwere Gewalt verübt. 60% der Betroffenen haben Kinder. Diese sind als Zeugen oder Opfer der Gewalt immer mit betroffen.

BIG Prävention arbeitet seit 2006 an Berliner Grundschulen mit Eltern, Kindern und pädagogischem Fachpersonal zum Thema häusliche Gewalt. Ziel ist es, Kinder in ihren Rechten zu bestärken, Eltern in gewaltfreier Erziehung zu unterstützen und Lehrer(inne)n und Erzieher(inne)n Handlungssicherheit zum Thema zu geben. Regelmäßig vertrauen sich Kinder erstmals mit kinderschutzrelevanten Erlebnissen den Mitarbeiter/-innen an.