Nach Tötungen in Zehlendorf und Doppelmord in Neukölln

BIG e.V.: Bei Partnerschaftsgewalt nicht tatenlos bleiben!

(2013/01) Nur 16 Tage nach Jahresbeginn sind in Berlin bereits drei Frauen von ehemaligen Partnern getötet worden. Diese Zahl ist unerträglich. Dabei macht sie nur einen kleinen Teil der Gewalt aus, die Frauen in Deutschland täglich durch ihre (ehemaligen) Partner erfahren.

Auch unterhalb solcher eskalierter Taten gibt es täglich eine Vielzahl weniger auffälliger Gewaltakte gegen Frauen durch ihre Partner oder ehemaligen Partner. Das zeigt eine Dunkelfeldstudie des BMFSFJ: jede vierte Frau in Deutschland ist von häuslicher Gewalt betroffen. 2/3 dieser Betroffenen werden über einen längeren Zeitraum hinweg schwer misshandelt.

In Europa ist die Hauptursache für den Tod oder die Verletzung von Frauen Gewalt durch den eigenen (ehemaligen) Partner. Laut BKA war 2011 in der Hälfte der 313 Tötungsdelikte an Frauen deren Partner der Tatverdächtige (im Vergleich wurden 24 Frauen der Tötung an ihren Partnern verdächtigt). Im Falle einer beabsichtigten oder tatsächlichen Trennung steigt für Frauen das Risiko, von ihren männlichen Partnern ermordet zu werden, beträchtlich.

„Tötungen wie die in Neukölln oder Steglitz-Zehlendorf sind in den meisten Fällen das Ende einer langen Gewaltvorgeschichte, die über Monate oder Jahre hinweg eskaliert ist, sagt Patricia Schneider, die Geschäftsführerin der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG e.V.). „Betroffene sollten deshalb am besten lange vor bedrohlichen Trennungsphasen Schutz und Hilfe durch Beratungsstellen, Polizei und Familiengerichte in Anspruch nehmen. Angst oder Scham sollten keine Rolle dabei spielen, umfassend Hilfe zu suchen.“

Viele Betroffene fürchten einen Gesichtsverlust vor Freunden, Verwandten oder auf der Arbeit und verbergen deshalb die Folgen häuslicher Gewalt. Das Umfeld Betroffener wiederum wagt häufig nicht, in die vermeintliche Privatsphäre anderer Menschen einzudringen.

„Aber Gewalt ist Gewalt, egal, wo sie passiert. Auch häusliche Gewalt ist eine Straftat. Wir appellieren an alle, die diese Gewalt selbst erfahren oder sie bei Anderen vermuten, nicht tatenlos zu bleiben“, so Patricia Schneider.

Die Polizei Berlin hilft im akuten Bedrohungsfall und kann den Täter für bis zu zwei Wochen
der Wohnung verweisen. Beratung und weitere Hilfe für Betroffene gibt es z.B. bei der BIG Hotline. Diese telefonische Erstberatungsstelle in Trägerschaft der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen ist rund um die Uhr unter der Telefonnummer 030/ 611 03 00 erreichbar.

2011 registrierte die Polizei Berlin 16.108 Fälle häuslicher Gewalt, 2004 waren es 12.814. Bei der BIG Hotline gingen 2012 8270 Anrufe ein. 80.000 sind es seit der Gründung am 15.11.1999.
Seit Jahren werden innerhalb von zwölf Monaten durchschnittlich fast 1.400 Frauen und ebenso viele Kinder in eines der Berliner Frauenhäuser aufgenommen. Bundesweit fliehen etwa 35.000 Frauen und Kinder jährlich in ein Frauenhaus.