BIG e.V. Stellungnahme

Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern

(2012/09) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und das Bundesverfassungsgericht haben entschieden, dass die in Deutschland bestehende gesetzliche Situation zum Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Grundgesetz vereinbar sind. Wiebke Wildvang von BIG e.V. hat eine Stellungnahme zum daraus resultierenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung verfasst.

Kurzfassung der Stellungnahme: Nachdem sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und auch das Bundesverfassungsgericht entschieden haben, dass die in Deutschland bestehende gesetzliche Lage zum Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und dem Grundgesetz (GG) in Einklang zu bringen ist, hat die Bundesregierung Ende Juni einen Gesetzentwurf zur Neuregelung der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vorgelegt.

Begründet wird die Entscheidung der beiden Gerichte mit dem Umstand, dass die gemeinsame elterliche Sorge bislang von der Zustimmung der Mutter abhängt und dem Vater keine Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung bei Weigerung der Mutter gegeben wird. Dies soll sich nach einem nun vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesregierung ändern.

Zu begrüßen ist, dass der Entwurf vorsieht, dass die Mutter nach der Geburt des Kindes zunächst Trägerin der alleinigen elterlichen Sorge ist, was Rechtssicherheit schafft und damit dem Kindeswohl dient. Kritik begegnet allerdings der Ansatz, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich dem Kindeswohl entsprechen soll, es sei denn, es werden gewichtige Gründe, die dagegen sprechen vorgetragen (sog. negative Kindeswohlprüfung). Damit wird die Qualität der Äußerung der Mutter zum Antrag des Vaters zum Maßstab für die gemeinsame elterliche Sorge gemacht, was dem Kindeswohl nicht entsprechen kann.

Vorgesehen ist ferner, dass, äußert die Mutter sich nicht zum Antrag des Vaters oder trägt sie keine kindeswohlrelevanten Gründe vor, in einem sog. vereinfachten Verfahren, ohne mündliche Anhörung der Beteiligten und ohne Beteiligung des Jugendamtes nach Aktenlage entschieden werden soll. Angesichts der Bedeutung der Sache ist dies nicht zu rechtfertigen und mit verfahrensrechtlichen Grundsätzen in anderen
kindschaftsrechtlichen Verfahren nicht in Einklang zu bringen.

Gerade die Situation von Gewalt betroffenen Frauen gerät hier aus dem Blickwinkel.

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