Kinderschutz braucht Kinderschützer

Bessere Arbeitsbedingungen für Berliner Jugendämter erforderlich

(2014/04) Am Mittwoch demonstrieren die Berliner Jugendämter für bessere Arbeitsbedingungen. BIG e.V. unterstützt diesen Protest, denn: Die Mitarbeiterinnen der Berliner Jugendämter arbeiten seit Jahren an den Grenzen der Belastbarkeit. Die Leidtragenden sind Kinder, die von häuslicher Gewalt oder aber von Kindesmissbrauch und Kindesmisshandlung betroffen sind.

Berlin. Die Sachbearbeiter/-innen der Berliner Jugendämter („Regionaler Sozialpädagogischer Dienst RSD“) demonstrieren am 30.04.2014 zum zweiten Mal vor der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Sie fordern eine Fallzahlbegrenzung, angemessene, stadtweit einheitliche Bezahlung und eine bessere Stellenplanung.

Die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen, BIG e.V., die gemeinsam mit Fachkräften staatlicher und nichtstaatlicher Stellen Konzepte zum Schutz vor häusliche Gewalt entwickelt, unterstützt das Anliegen der Jugendamtsmitarbeiter/-innen, mit geringeren Fallzahlen arbeiten zu können.

„Gewalt an der Mutter ist für Kinder eine massive Belastung. Wachsen sie in gewalttätigen Herkunftsfamilien auf, wiederholen sie als Erwachsene oft selbst diese Beziehungsmuster. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendämter sind hier wichtige Partner, um den Schutz der Kinder zu gewährleisten “, so Patricia Schneider, Geschäftsführerin von BIG e.V.

Etwa jede vierte Frau in Deutschland erlebt Gewalt durch einen Partner. 60% dieser Betroffenen haben Kinder. Allein in Berlin registrierte die Polizei im Jahr 2013 rund 16.000 (15.971) Fälle häuslicher Gewalt. Sind Kinder betroffen, wird unmittelbar das zuständige Jugendamt informiert.

Die psychischen und körperlichen Langzeitfolgen der Gewalt zu Hause können Kinder ein Leben lang belasten. Im Extremfall kann sie bis hin zu Tötungsdelikten eskalieren: so wurden in der Vergangenheit auch Kinder z.B. nach Trennungen oder in Sorgerechtskonflikten getötet.

Häusliche Gewalt – also die Gewalt zwischen den Eltern – findet im Anfangsstadium häufig im Verborgenen statt. Kinder wagen oft aus Angst oder Schuldgefühlen nicht, sich jemandem anzuvertrauen. Derartige Gewaltfälle aufzudecken, ihnen nachzugehen und den Kindern angemessene Hilfe zukommen zu lassen, erfordert Zeit und Ruhe für die einzelne Familie. Diese Zeit ist häufig nicht vorhanden, weil einzelne Mitarbeiter/-innen im Jugendamt zu viele Fälle zeitgleich betreuen müssen. Die hohe Arbeitsbelastung führt zu einem hohen Krankenstand. Dies führt zu einer noch stärkeren Mehrbelastung der verbliebenen Mitarbeiter/-innen.

Patricia Schneider: „Werden schwerste Misshandlungen oder Kindstötungen bekannt, wird oft die polemische Frage gestellt, warum das Jugendamt nicht eingegriffen habe. Angesichts der Zuständigkeit eines Sozialarbeiters /einer Sozialarbeiterin für 80 Familien beantwortet sich diese Frage von selbst“.

Die Demonstration findet statt am Mittwoch, den 30.04.2014, ab 9 Uhr, vor der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft in der Bernhard-Weiß-Str. 6, 10178 Berlin-Mitte.